WAZ: Gewaltige Probleme – Kommentar von Jutta Lietsch

Warum reagiert die Regierung in Peking so panisch?
China ist nicht Ägypten, Tunesien oder Libyen. Die Chance, dass der
Funke der arabischen Jasmin-Rebellionen nach China überspringt,
scheint auf den ersten Blick gering. Die Wirtschaft wächst jedes Jahr
um rund zehn Prozent. Vielen Chinesen geht es materiell besser als
früher. Einen Umsturz oder ein ganz abruptes Ende der KP-Herrschaft
wünschen sich deshalb nur wenige Bürger. Aber schrittweise politische
Reformen wollen sie schon. Dazu gehören unabhängige Gerichte, die
nicht mehr Befehlsempfänger der örtlichen Regierungen sind. Dazu
gehört auch die Möglichkeit, korrupte Funktionäre loszuwerden. Die
Verbesserungen der letzten Jahre können nicht darüber hinwegtäuschen,
dass China vor gewaltigen Problemen steht: Die Preise steigen, die
Umwelt wird immer schmutziger, die Kluft zwischen Arm und Reich
wächst. Pekings Funktionäre kennen die Lage. Sie wollen nichts
anderes, als den Rest ihrer Amtszeit bis zum Parteitag im Herbst 2012
zu überstehen. Forderungen nach Reformen diffamieren sie deshalb „als
Versuch des Auslands, China zu destabilisieren“.

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