In der offiziellen Terminologie der Europäischen
Union handelt es sich um die normale Herbstsitzung der EU-Staats- und
Regierungschefs. Was tatsächlich stattfindet, ist ein noch nicht
dagewesenes Gipfel-Gewitter: Man tagt zu 17 oder zu 27, auf Arbeits-,
Minister-, Chef-Ebene oder in „Frankfurter Runde“. Die Themen-Liste
ist ähnlich uferlos: Griechenlandhilfe und Rekapitalisierung der
Banken, Schuldentragfähigkeit und Privatgläubiger-Beteiligung,
Hebelung von Schirmen und Ertüchtigung von Fonds,
Wirtschaftsregierung und Vertragsänderung und so weiter. Wenn
Wolfgang Schäuble in diesen Tagen noch weiß, was er gerade wo mit wem
berät, ist das an sich schon eine Leistung. Das Euro-Krisenmanagement
ist kein geordnetes Nacheinander, sondern eine Riesenbaustelle, auf
der in jeder Ecke gebastelt wird. Das ist keine günstige Ausgangslage
für Einmal-Maßnahmen und klare Botschaften, die alle Nervosität ein
für alle Mal beseitigen. Die fromme Vorstellung, man hätte die Krise
durch entschlossenes Handeln gleich zu Anfang stoppen können, ist
angesichts der mittlerweile zutage getretenen grundsätzlichen Mängel
des Euro-Systems naiv. An diesem Punkt freilich endet das Verständnis
für den großen Gipfel-Wirrwarr. Weder ist einzusehen, warum
technische Arbeiten – Fertigstellung notwendiger Dokumente und
Beschlussvorlagen – nicht fristgerecht erledigt werden, noch sind die
Eifersüchteleien zwischen EU-Institutionen akzeptabel, die das
ohnehin mühsame Verfahren zusätzlich erschweren. Und schließlich wäre
es angesichts einer Verdrückung historischer Dimension nicht zu viel
verlangt, dass der Bundestag ausnahmsweise auch mal eine Vorlage der
Europäischen Union auf Englisch der Behandlung würdigt.
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