WAZ: Großmanns Kalkül – Kommentar von Thomas Wels

RWE-Chef Großmann wird sich mit seiner Warnung vor
der Abwanderung deutscher Industriekonzerne gewiss nicht in die
Herzen des Publikums geredet haben. Und die Berliner Politik aus der
Blitzausstiegsfraktion dürfte sich freuen über die neuerliche
Vorlage, Großmann als Dino der Energiewirtschaft zu zeihen.
Diplomatie ist nicht die Sache des Selfmade-Milliardärs, allerdings
gehört sie auch nicht zum Job-Profil des Energie-Managers. Großmanns
Aufgabe als Vorstandschef ist es, das Vermögen seiner Aktionäre zu
mehren. Das ist seine Messlatte, das Ergebnis seiner Amtszeit ob der
politischen Wende ein Desaster. Vor diesem Hintergrund sind die
Ausführungen des Vorstandschefs zu Fusionen und verstärkten
Auslandsinvestitionen nicht als Drohung zu verstehen, sondern als
betriebswirtschaftliches Kalkül. Umso ernster ist das zu nehmen. Noch
interessiert sich die Politik offiziell nicht dafür, sie exekutiert
in eilig zusammengeschusterten Gesetzen die Energiewende. Es wäre ein
Treppenwitz der Geschichte, wenn RWE an den französische Atomkonzern
AdF fiele. Ausgeschlossen ist das nicht. Und dann?

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