WAZ: Gut gemeint ist nicht gut gemacht – Kommentar von Tobias Blasius

Die Idee eines Tariftreue-Gesetzes mit öko-sozialem
Anstrich hat zunächst etwas Sympathisches. Die öffentliche Hand als
Muster-Auftraggeber, der anständige Mitarbeiter-Entlohnung
vorschreibt und obendrein den Eine-Welt-Gedanken und die
Frauenförderung zur Unternehmenspflicht erhebt – welch gelebtes
Vorbild in der kaltherzigen Konkurrenz um den besten Preis! Wer
jedoch sieht, wie mühevoll die rot-grünen Koalitionäre an ihrem
Tariftreue-Gesetz basteln, zweifelt schnell an der
Praxistauglichkeit. Die Fachleute warnen davor, Städte und ihre
Tochtergesellschaften bei der Auftragsvergabe bürokratisch zu
überfrachten. Schwarz-Gelb hatte 2006 das letzte Tariftreue-Gesetz
nicht ohne Grund abgeschafft. Der Mittelstand ist alarmiert, denn ein
Kleinbetrieb wird kaum nachweisen können, dass er Tarife wie im
öffentlichen Dienst zahlt, seine Blumen fair gehandelt sind und die
Frauenförderung optimal läuft. Zudem droht eine Kollision mit
EU-Vergaberecht. Auch wenn die Ministerpräsidentin den Gewerkschaften
dieses Gesetz symbolisch am 1. Mai versprochen hat: Gut gemeint ist
hier lange nicht gut gemacht.

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