WAZ: Gutsherren und Gutsverwalter – Kommentar von Stefan Wette zu Middelhoff

Es ist die dritte Anklage, die Thomas Middelhoff in
diesen Tagen zugestellt bekommt. Nachdem das Landgericht Essen ihn
vor einem Jahr wegen seiner „Dienstflüge“ verurteilt hatte und er im
Frühjahr wegen einer 800.000 Euro-Spende beschuldigt wurde, geht es
jetzt um Boni-Zahlungen in Millionenhöhe. Die hatte der Aufsichtsrat
den Arcandor-Vorständen gewährt, als der Essener Konzern längst in
Schieflage geraten war und Verkäuferinnen auf Geld verzichten
mussten.

Neu ist, dass die Staatsanwaltschaft im Fall Arcandor jetzt auch
die frühere Führungsriege im Visier hat. Schuldig, unschuldig? Die
neue Anklage mahnt, dass sich auch Chefs ihrer strafrechtlichen
Verantwortlichkeit bewusst sein müssen.

Der Fall erinnert an den Düsseldorfer Mannesmann-Prozess, als der
Aufsichtsrat um Josef Ackermann, Ex-Chef der Deutschen Bank, dem
Vorstand einen Bonus überwies. Der BGH hielt diese „Zahlungen in
Gutsherrenart“ für unberechtigt, denn Aufsichtsräte und Vorstände
seien lediglich „Gutsverwalter“. Wenn dieser Maßstab auch bei einem
Arcandor-Prozess gelten sollte, kann es für die damaligen Chefs von
Karstadt/Quelle bitter enden

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