WAZ: Hitze-Drama in ICE-Zügen – Das letzte Warnsignal. Kommentar von Dietmar Seher

Merkt der Bahnmanager Rüdiger Grube jetzt, auf was
er sich – auf Bitte der Kanzlerin – eingelassen hat? Sieht er, wie
Vorgänger Mehdorn das Mega-Unternehmen runtergewirtschaftet hat in
der Absicht, es börsentauglich zu machen und den größten
Logistikkonzern der Welt zu stricken?

Übrig blieben: 50 Grad Celsius. Stehplätze. Keine Luft zum Atmen.
Der dramatische Ausfall der Klimatisierung im ICE 846 am letzten
Samstag war für die Fahrgäste eine traumatische Erfahrung. Für Grube
ist die Evakuierung des Zuges in Bielefeld dagegen das allerletzte
Warnsignal, die rasende Fahrt auf Verschleiß zu stoppen.

Der über Jahre versteckt angesetzte Rotstift hat die
Zuverlässigkeit des mal sehr zuverlässigen Systems Bahn ruiniert.
Achsen, Bremsen, Türen funktionieren nicht. Im Herbst sind Weichen
verstopft, im Winter Lüfter verschneit, im Hochsommer kapituliert die
Klimaanlage.

Das verärgert, erstens, die Millionen-Kundschaft, die die Schiene
als eigentlich sauberes Verkehrsmittel schätzt. Und zweitens gilt:
Verkehrswege sind die Adern der Wirtschaft. Verstopfte, zerschlissene
Adern führen nicht nur beim Menschen zum Infarkt. Ein Standortvorteil
steht auf der Kippe.

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