WAZ: Hunderttausende EU-Ausländer könnten bei der Europawahl betrügen

Bei der Europawahl am Sonntag ist Wahlbetrug
möglich: Eine unbekannte Zahl von EU-Bürgern, die in einem anderen
EU-Land wohnen, kann zweimal abstimmen, ohne dass dies auffallen
würde. Es wäre illegal, kann aber weder verhindert noch überprüft
werden. Das bestätigte ein Sprecher des Bundeswahlleiters auf Anfrage
der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ,
Freitagausgabe)

Hintergrund: In Europa gibt es kein einheitliches Melde- und
Wahlrecht. Folglich auch kein einheitliches Wählerverzeichnis,
stattdessen 28 nationale Verzeichnisse. In denen tauchen zahllose
Wahlberechtigte doppelt auf: unter anderem jene, die zwei
Staatsbürgerschaften oder Wohnsitze in der EU haben. Sie bekommen
zwei Stimmrechtskarten: eine aus ihrem Herkunftsland, eine aus dem
Land, in dem sie leben.

Das Spektrum möglicher Fälschungen geht in die Hunderttausende.
Rund 171500 EU-Bürger sind in deutschen Wählerverzeichnissen
gelistet. Die meisten stammen aus Italien (31000), Österreich (19500)
und Frankreich (17700). Umgekehrt sind rund 134000 Deutsche im
EU-Ausland eingetragen, darunter 35500 in Spanien, 22500 in
Frankreich und 19000 in Österreich. Nach Schätzungen der
EU-Kommission leben rund acht Millionen EU-Bürger nicht in ihrem
Herkunftsland.

Voraussetzung für eine korrekte Stimmabgabe – ein Wähler, ein
Kuvert – wäre eine europaweit einheitliche Regel, „welche Daten in
den Melderegistern und den Wählerverzeichnissen enthalten sein
müssen“, so der Bundeswahlleiter. „Das würde das Problem lösen,
erscheint aber momentan illusorisch.“

Im Wahlgesetz steht: Jeder darf nur einmal abstimmen. Wer zweimal
wähle, riskiere bis zu fünf Jahre Gefängnis. In der Praxis droht
keine Strafe. Denn die Straftat bliebe unbemerkt. „Solche denkbaren
Verstöße sind nicht kontrollierbar“, bestätigt der Bundeswahlleiter.
„Denn für eine Überprüfung müssten sämtliche Personendaten nach der
Wahl europaweit abgeglichen werden.“ Das sei „nicht machbar, weder
organisatorisch noch technisch“.

Die Europawahl sei trotz der möglichen Ungereimtheiten rechtlich
einwandfrei, sagt der Bundeswahlleiter.

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