WAZ: Mehr als ein Fall Middelhoff – Kommentar von Hayke Lanwert zu Haftbedingungen

Dass Anwälte versuchen, für ihre Mandanten das Beste
herauszuschlagen, ist nichts Neues. Das ist ihre Pflicht, dafür
werden sie bezahlt. So lehnen sie im laufenden Verfahren Richter oder
Gutachter wegen Befangenheit ab, so beantragen sie Haftprüfung mit
Hinweis auf physische oder psychische Probleme. Für Juristen und
Gerichtsbeobachter ist das ein schon übliches Prozedere. Daraus auf
den Fall Middelhoff zu schließen, wäre allerdings zu kurz gegriffen.
Denn wir wissen ja nicht, wie es Thomas Middelhoff wirklich geht, wie
krank er ist. Seit gestern jedenfalls befindet er sich wieder im
Uniklinikum Essen.

Doch die Prominenz des früheren Top-Managers bringt ans Licht, was
bislang im Dunkeln blieb: Wie verhindert werden soll, dass Menschen
sich im Gefängnis, ja, unter den Belastungen der Haft das Leben
nehmen. Licht an! Licht aus! Licht an! Wer hält das wirklich lange
aus? Über Stunden, über Nächte. Mag es auch noch so gut gemeint sein.
Ganz gleich, ob Middelhoffs Erkrankung ausgelöst wurde durch
Schlafentzug oder durch die vom eigenen Verhalten ausgelöste
psychische Krise: Derartiger Schlafentzug ist alles andere als
menschlich. Da muss es andere Methoden geben!

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