Um was geht es eigentlich, wenn am Mittwoch die
Bundesversammlung zusammentritt? Um den künftigen Bundespräsidenten,
klar. Und sonst? Um das politische Schicksal der Kanzlerin, den
Fortbestand der Bundesregierung, womöglich um baldige Neuwahlen.
Darf“s noch mehr sein? Das Votum ist überfrachtet mit partei- und
machtpolitischem Kalkül; die eigentliche Wahl des Staatsoberhaupts
rückt angesichts dieser Gemengelage beinahe in den Hintergrund.
Vor allem das Regierungslager schwört seine Leute auf die Wahl des
„eigenen“ Kandidaten ein. Es herrscht faktisch Fraktionszwang, wo
laut Gesetz kein Zwang sein darf. Die Angst von Kanzlerin und
CDU-Chefin Merkel vor einem Debakel, zumindest aber vor einer
Blamage, scheint gewaltig.
Dabei böte gerade die aktuelle Situation der angeschlagenen
Kanzlerin, die in den vergangenen Monaten viel von ihrem Ansehen und
ihrer Souveränität eingebüßt hat, die Chance auf einen
Befreiungsschlag. Würde Merkel sich frei machen vom kurzsichtigen
Lagerdenken, würde sie den Wahlmännern und -frauen ausdrücklich freie
Wahl lassen, wäre dies ein Zeichen echter Souveränität. Und würde
dann Gauck statt Wulff gewählt, stünde Merkel nicht einmal als
Verliererin da.
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