WAZ: Neuwahl – späte Genugtuung. Kommentar von Frank Preuß

Dortmund muss seinen Stadtrat neu wählen. Und das
ist gut so. Denn die Bedingungen, unter denen er 2009 gewählt wurde,
sie waren unsauber. Wer zur Urne geht, will vorher korrekt informiert
werden. Das war den Dortmundern nicht vergönnt. Dass Wahlversprechen
zuweilen gebrochen werden, daran hat man sich gewöhnt. Aber wer am
Tag nach der Wahl erfährt, wie miserabel es um die Stadtfinanzen
steht, der darf sich zu Recht als Opfer einer Haushaltslüge fühlen.

Was die obersten Verwaltungsrichter in Münster im Gegensatz zur
niedrigeren Instanz jetzt beschlossen haben, ist eine späte
Genugtuung für jeden, der unter Wahrheit in der Politik etwas anderes
versteht als, sagen wir, Christian Wulff. Hätten die Dortmunder
Ratsmitglieder den damaligen Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer
etwa konkret fragen müssen: „Planen Sie unmittelbar nach der Wahl
eine Haushaltssperre“, um eine präzise Antwort zu bekommen? Münster
hat mit seiner Entscheidung die Stadträte insgesamt gestärkt, deren
Rolle darin besteht, Verwaltungen zu kontrollieren und sich nicht von
ihnen austricksen zu lassen.

Ja, der Wahlstreit hat Zeit und Geld gekostet, eine Neuwahl ist
auch nicht billig zu haben und wird womöglich die Kräfteverhältnisse
im Rat nicht einmal verändern. Wer aber Recht und Demokratie zum Sieg
verhelfen will, darf nicht nach dem Preis fragen.

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