WAZ: Pofalla pöbelt gegen Bosbach. Kommentar von Wilhelm Klümper

In Parteien geht es zuweilen wie in einem
Haifischbecken zu. Es gibt den Spruch, wonach die Steigerung von
Feind der Erzfeind und dann der Parteifreund ist. Kanzleramtsminister
Ronald Pofalla hat mit der Schimpftirade gegen seinen
CDU-Parteifreund Wolfgang Bosbach davon ein beredtes Zeugnis
abgelegt. „Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen“ und „Lass mich
mit so einer Scheiße in Ruhe“ kommen immerhin aus dem Mund eines
gestandenen christdemokratischen Spitzenpolitikers aus dem engsten
Umfeld der Kanzlerin.

Wie mag das beim Wahlvolk ankommen, das ansonsten seine Politiker
in Talkrunden auch schon mal über den Verfall der Sitten klagen hört?
Pofalla tut der politischen Kultur mit seinem unbeherrschten Ausbruch
einen Tort an. Bosbach hat ja eigentlich nichts anderes gemacht, als
seine Bedenken gegen den Euro-Rettungsschirm zu artikulieren. Im
Grundgesetz ist ausdrücklich vorgesehen, dass Politiker auch abseits
der Fraktionsdisziplin ihrem Gewissen folgen. Und mit seinen Bedenken
spricht Bosbach auch noch das aus, was die Mehrheit der deutschen
Bevölkerung ebenfalls hinsichtlich des milliardenschweren
Euro-Rettungsschirms empfindet.

Pofallas Pöbeleien zeigen, wie hypernervös es derzeit in der Union
zugeht und wie eine Volkspartei sich mehr und mehr vom
verunsicherten Volk entfernt.

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