WAZ: Post-Chef Appel vor Tarifgesprächen optimistisch – Aber umstrittene Firmenausgliederungen „nicht verhandelbar“

Kurz vor den neuen Tarifgesprächen für die rund
140.000 Tarifbeschäftigten der Deutschen Post hat sich Konzernchef
Frank Appel zuversichtlich gezeigt, zugleich aber Bedingungen für
einen möglichen Abschluss formuliert. „Ich bleibe Optimist und bin
mir sicher, dass wir uns einigen können“, sagte Appel der in Essen
erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ,
Donnerstagausgabe).

Die umstrittene Ausgliederung von Mitarbeitern in der
Paketzustellung in Tochterfirmen mit schlechterer Bezahlung
verteidigte Appel vehement: „Dass es die neuen Gesellschaften gibt,
ist für uns nicht verhandelbar“, betonte er. Der Streik bei der Post
geht in die vierte Woche. Am Freitag (3. Juli) wird wieder
verhandelt. In dem Tarifkonflikt kritisiert die Gewerkschaft Verdi
insbesondere die Firmenausgliederungen der Deutschen Post. Hier geht
es um derzeit rund 6000 Arbeitsplätze, die nun nicht mehr direkt beim
Mutterkonzern angesiedelt sind.

Der Post-Chef verteidigte auch die umstrittene Sonntagszustellung.
„Wir gehen davon aus, dass es richtig und rechtlich erlaubt ist, in
Streikzeiten auch am Sonntag Briefe auszutragen“, sagte er. „Dieser
Auffassung folgen viele Bundesländer. Andere Bundesländer sehen das
anders. Hier gibt es offensichtlich unterschiedliche politische
Positionen.“

Appel bekräftigte das Ziel, den operativen Gewinn des Konzerns bis
zum Jahr 2020 von zuletzt rund drei Milliarden Euro auf fünf
Milliarden Euro zu steigern. „Wir bleiben bei unseren Zielen. Wer
sagt, unsere Ergebnisziele gehen zu Lasten der Mitarbeiter, liegt
falsch“, betonte er.

In den Tarifverhandlungen sei das Unternehmen Verdi „schon
deutlich entgegengekommen“, sagte Post-Chef Appel der WAZ. „Wir
bieten die Verlängerung des Kündigungsschutzes und ein neues
Arbeitszeitmodell, das eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 34 Stunden
zulässt.“ Appel fügte hinzu: „Die Mitarbeiter, die schon heute im
Unternehmen beschäftigt sind, werden nicht schlechter gestellt. Aber
wir müssen unsere Kostenstrukturen bei neu entstehenden
Arbeitsplätzen wettbewerbsfähig machen.“

Den Vorwurf, es werde systematisch Druck auf streikwillige
Beschäftigte ausgeübt, wies Appel als „absurd“ zurück. „Natürlich
darf streiken, wer streiken will. Umgekehrt gibt es aber auch das
Recht, zur Arbeit zu gehen. Und da finde ich es sehr bedenklich, wenn
Mitarbeiter gefilmt, belästigt oder öffentlich als Judas diffamiert
werden, nur weil sie aus Solidarität mit dem Unternehmen ihrer Arbeit
nachgehen.“

Verdi hatte der Post angesichts der Firmenausgliederungen
Vertragsbruch vorgeworfen. „Bei der Gründung dieser Gesellschaften
hat es entgegen falscher Behauptungen keinerlei Vertragsbruch
gegeben“, sagte Appel dagegen der WAZ. „Diese Neuverträge
berücksichtigen die veränderte Wettbewerbssituation in der Branche.“
Die Post zahle derzeit im Schnitt doppelt so hohe Löhne wie die
Konkurrenz. „Die Post ist kein Monopolist mehr. Wir brauchen je nach
Region unterschiedliche Lohnstrukturen. Die Situation in München ist
anders als in Mecklenburg-Vorpommern. Das geht nicht mit einem
Haustarif“, sagte Appel.

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