Ein freies Internet für freie Bürger? Der größte
Umbruch des digitalen Zeitalters besteht darin, dass das Konzept des
geistigen Eigentums verfällt. Und dass sich – teils romantisch
verklärte – Ansprüche der Nutzer mit einer gigantischen Industrie
verbünden – auf dem Rücken derjenigen, deren Inhalte das Netz erst
attraktiv machen. Nehmen wir Google News. Per Mausklick kann man hier
Artikel von Zeitungen abrufen. Das dient der Meinungsbildung. Aber es
dient vor allem der Gewinnbilanz von Google. Die Zeitungen, die den
Inhalt liefern, gehen leer aus.
Wenn man früher ein Buch lesen wollte, musste man es kaufen oder
ausleihen. Mit der Einführung des elektronischen Buchs besteht die
Möglichkeit, diese Texte im Netz endlos zu vervielfältigen, ohne dass
der Autor einen Cent sieht. Inhalte müssen im Internet frei verfügbar
sein, meinen viele Nutzer. Setzt sich diese Ansicht durch, ist unsere
Wissensgesellschaft am Ende. Dann kann keiner mehr von geistiger
Arbeit leben.
Traurig genug ist es, dass die Schöpfer von geistigem Eigentum
ihre Rechte verteidigen müssen. Traurig ist, dass ignoriert wird, wie
gut ein parasitärer Wirtschaftszweig daran verdient, fremde Inhalte
zu verbreiten. Traurig ist, dass eine hilflose Politik versucht, das
Urheberrecht auszuhebeln. Und traurig bleibt, dass die Nutzer bereit
sind, Geld für die Technik auszugeben, aber nicht für den Inhalt, den
sie damit herunterladen wollen.
Wenn wir eine Wissensgesellschaft bleiben wollen, brauchen wir
eine neue Kultur im Umgang mit dem geistigen Eigentum. Sonst ist auch
das Internet absehbar am Ende. Denn Technik ohne Inhalt macht so viel
Sinn wie ein Dirigent ohne Orchester.
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