WAZ: Schwacher Trost – Kommentar von Sven Frohwein

Libyen ist schuld, der ungeliebte Biosprit E10 und
der Verbraucher sowieso: Käme er nicht auf die Idee, vor Ostern zu
verreisen, würden auch die Benzinpreise nicht anziehen. Die Welt der
Mineralölkonzerne, die folgt ganz einfachen Gesetzen.
Marktmanipulation? Doch nicht durch Esso, Aral und Co. Auch sie sind
Opfer – der Politik und der Ölstaaten sowieso. Fast könnte man
Mitleid mit den Multis bekommen. Der Preiswahnsinn an der Zapfsäule
offenbart vor allem eins: Den Unwillen der Politik, einen Markt zu
regulieren, der seine Regeln selbst zu machen scheint. Denn der Staat
verdient mit – und das nicht zu knapp. Gut 35 Milliarden Euro spülte
ihm die Steuer auf Sprit 2010 in die Kassen. Und damit die Einnahmen
auch künftig fließen, plant Europa, Kraftstoffe bald nach ihrem
Energiegehalt zu besteuern. Spätestens 2023 bedeutet das auch für
Deutschland Steuererhöhungen auf Diesel. Der Verbraucher wird auch
diese Kröte schlucken müssen. Marktreife Alternativen zum
Verbrennungsmotor sind nämlich noch immer nicht in Sicht. Und durch
den Atomausstieg, das hat Herr Brüderle erst gestern wieder
bekräftigt, wird auch Strom teurer. Damit dürfte auch das Elektroauto
noch unwirtschaftlicher werden. Was bleibt? 1979 mussten wir für den
Liter Sprit eine Minute länger arbeiten. Ein schwacher Trost.

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