WAZ: Staat jagt Unterhaltssünder – Sozialbetrug – Kommentar von Dietmar Seher

Sie versucht über die Runden zu kommen. Sie fordert,
bittet, fleht: Zahl doch! Und er? Feilscht. Nennt Ausflüchte. Hat
kein Geld. Verschwindet im schlimmsten Fall. Familienrichter kennen
diese Szenen. Sie sind keine Klischees. Sie finden zehntausendfach
statt. Der Staat hat dem Problem der säumigen Väter, die für ihre
Kinder keine finanzielle Verantwortung übernehmen wollen, vorgebeugt.
Per Unterhaltsvorschuss tritt der Steuerzahler in Vorleistung. Damit
die Kinder keinen Nachteil haben, denn sie können am wenigsten für
den Streit ihrer Eltern. Eine große Gruppe Väter kann nicht zahlen.
Dazu gehören viele Hartz IV-Bezieher. Aber wahrscheinlich ist die
Verweigerung bei einer mindestens genau so großen Zahl längst
Volkssport geworden. 800 Millionen Euro bringen die öffentlichen
Kassen für den Vorschuss auf. Nur wenig davon fließt zurück. Wieder
also zahlen Kinder. Die der nächsten Generation. Denn der Staat muss
dafür Schulden aufnehmen. Ist es gerechtfertigt, wenn Behörden zum
Mittel der datenschutzrechtlich nicht immer unumstrittenen
Kontenabfragen greifen wollen, um an vorenthaltenes Geld zu kommen?
Ja. Der Steuerzahler hat einen Anspruch darauf, dass Sozialbetrug
unterbunden wird.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de