WAZ: Tsipras und die Supersuperlative. Kommentar von Alexander Marinos zur Griechenland-Krise

Da in der Griechenland-Krise die Superlative ja als
erstes pleite gegangen sind, darf man inzwischen ruhig sagen: Eine
Einigung scheint nun in allerallerletzter Sekunde möglich, weil
Alexis Tsipras die wohl 180-gradigste Wende in der Geschichte der
Politik vollzogen hat. Aus dem fulminanten „Nein“ des Referendums
macht der Mann wenige Tage später ein überraschend klares „Ja“, und
keiner weiß, ob er damit sein Volk hinters Licht führt oder einmal
mehr die EU – und ob das besonders clever ist oder einfach nur total
irre, oder irgendwie von allem etwas. Tatsache ist, dass die
vergangenen Tage und Wochen nicht nur die Reste funktionierenden
Wirtschaftens in Griechenland zerstört haben, sondern auch jegliches
Vertrauen. Wie könnte ein Bundestagsabgeordneter noch ruhigen
Gewissens für die nächsten Milliardenhilfen stimmen – selbst wenn
Tsipras und sein Parlament jetzt die höchsten und heiligsten
Versprechen abgeben? Vor allem für Kanzlerin Merkel wird es immer
unangenehmer. Sie muss weiter streng bleiben und läuft dadurch
Gefahr, am Ende den schwärzesten aller Peter zu haben.

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