Die RWE-Führungsriege gab sich alle Mühe, emotional
rüberzukommen. Seht her, wir stehen zusammen, wir geben unser Bestes,
allein die Regierung trägt Schuld an unserer misslichen Lage. Terium
musste die Aktionäre auf weitere harte Jahre einschwören und – noch
schlimmer – auf die anhaltende Ungewissheit, ob und wie es mit dem
Renditebringer Braunkohle weitergeht. Es roch nach Überlebenskampf
pur in der wie RWE so traditionsbeladenen Grugahalle.
Der Kampf um die Braunkohle hat von Natur- und Klimaschutz über
Versorgungssicherheit und bezahlbaren Strom viele Facetten. Doch für
RWE hat er vor allem existenziellen Charakter. Da der Konzern seinen
Rückstand bei den erneuerbaren Energien nicht so schnell wird
wettmachen können und seine Ideen für Handel und Vertrieb von der
Misere in der konventionellen Stromerzeugung überlagert werden, ist
RWE darauf angewiesen, noch lange mit der Braunkohle Geld zu
verdienen.
Entsprechend interessengesteuert sind natürlich auch die Anwürfe
gegen Gabriels Pläne. Andererseits: Zu diesem Thema gibt es keine
neutralen Stimmen. Natürlich ist jedes Ministerium geneigt, die
Folgen seines eigenen Tuns für die Betroffenen kleinzureden. Auch die
Stadtwerke, die Gabriel nun beispringen, denken zuerst an sich. Das
alles ist durchschaubar, die Zahlenhuberei um die Braunkohle dagegen
nicht.
Am Ende muss Gabriel RWE genug Luft zum Atmen lassen. Vorsicht
wäre angebracht. Denn dass die Politik bisher die Folgen ihrer
Energiewende richtig eingeschätzt hätte, lässt sich schwer behaupten.
Natürlich hat RWE in der Vergangenheit viel zu langsam auf politische
Weichenstellungen reagiert. Nur muss die Politik dem Konzern auch
irgendwann und dann für mehr als ein paar Jahre die Gewissheit geben,
worauf er sich noch einzustellen hat.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de