WAZ:Überteuerte Arzneimittel – Im Pharmaparadies – Kommentar von Stefan Schulte

Die Pharmaindustrie hat ein vitales Interesse daran,
in Deutschland die höchstmöglichen Preise zu erzielen. Denn in
Deutschland werden die Preise für andere Länder mitgemacht. Wenn etwa
die Franzosen grundsätzlich 20 oder 30 Prozent vom deutschen Preis
abschlagen, tut das nicht ganz so weh, wenn der Preis nur hoch genug
ist. Man wird das keinem Kaufmann in der Pharmaindustrie vorwerfen
können, das ist sein Job. Vorwerfen muss man der Politik, dass sie
die Industrie einfach gewähren und ihre Preise selbst machen lässt.
Hiesige Ge-sundheitspolitiker bekommen das in Brüssel jedes Mal von
ihren Partnern vorgehalten. Entsprechend groß war die Erleichterung
in den Nachbarländern, als Gesundheitsministers Philipp Rösler (FDP)
ankündigte, das Preismonopol brechen zu wollen. Künftig muss die
Industrie die Preise für neue Arzneien mit den Krankenkassen
aushandeln und nachweisen, dass sie wirklich einen Fortschritt
bedeuten. Doch was in anderen Ländern längst eine
Selbstverständlichkeit ist, wird von Rösler gleich wieder verwässert.
Er entmachtet die Pharmaprüfer und lässt seltene Arzneien ganz außen
vor. Kurzum: Die Pharmaindustrie wird auch künftig verschont, der
Bürger zur Kasse gebeten und der Rest Europas weiter den Kopf
schütteln.

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