WAZ: Umständlich und bürokratisch – Kommentar von Tobias Blasius

Wenn die rot-grüne Landesregierung ihr umstrittenes
Tariftreuegesetz durchfechten will, wird sie noch manche
Grundsatzdebatte ertragen müssen. Dass die öffentliche Hand künftig
bei der Auftragsvergabe privaten Unternehmen Lohn, Öko-Bilanz und
Betriebskultur vorschreiben will, ist ein durchaus
diskussionswürdiger Eingriff in die Tarifautonomie. Bislang hatte
sich der Staat aus der Lohnfindung schlicht herauszuhalten. Nun soll
gar eine eigene Prüfbehörde Tariftreue und schriftliche Bekenntnisse
zum Eine-Welt-Gedanken oder der Frauenförderung kontrollieren.
Entbürokratisierung kann mit immer neuen Formularen kaum gelingen. Es
gibt zwar gute Gründe, die Kommunen und ihre Tochtergesellschaften
bei der Auftragsvergabe vom strikten Billigprinzip zu befreien.
Verlässliche lokale Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ordentlich
bezahlen, vor Ort Steuern abführen und sich oft für das Gemeinwohl
engagieren, haben bei Ausschreibungen eine faire Chance verdient.
Günstig ist nicht immer gut. Ob aber gerade dem NRW-Mittelstand mit
diesem umständlichen Tariftreuegesetz geholfen ist, muss bezweifelt
werden.

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