WAZ: Unpopuläre Klage, aber legitim – Kommentar von Stefan Schulte zum Atomausstieg

Haben die Stromriesen nicht genug Milliarden mit
ihren Atomkraftwerken verdient, die eine große Minderheit seit
Jahrzehnten und seit Fukushima die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt?
Kriegen die Energiemanager den Hals denn nie voll? Schließlich wollen
sie letztlich unser Steuergeld, wenn es um Schadenersatz vom Staat
geht. In etwa so dürfte die Klage der Konzerne vor dem
Verfassungsgericht bei vielen Bürgern ankommen.

Doch was nach Gier klingt, ist aus Unternehmenssicht eine
Selbstverständlichkeit: Jeder Vorstandschef muss versuchen,
fremdverschuldete Einnahmeverluste zurückzuholen. Das ist er seinen
Aktionären schon rechtlich schuldig. Der deutsche Staat hat den
Atomkonsens nach dem GAU in Japan aus guten Gründen einseitig
aufgekündigt und den Ausstieg beschleunigt. Dass er damit die
Kalkulation der Konzerne über den Haufen geworfen hat, steht
gleichwohl außer Frage.

In Karlsruhe wird weder der Atomausstieg noch die Energiewende
verhandelt – eine Umkehr fordern selbst die Konzerne nicht mehr. Es
geht schlicht um die Frage, ob der Staat die finanziellen Folgen
seiner Entscheidung tragen muss. Sie zu stellen, ist unpopulär aber
legitim.

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