WAZ: Veto erlaubt – ausnahmsweise – Kommentar von Stefan Schulte zum Post-Streik

Dass die Politik sich aus Tarifkonflikten
herauszuhalten hat, ist ein mal mehr und mal weniger gepflegter
Konsens. In der Regel ist jede Einmischung deplatziert und der Sache
nicht förderlich – man denke nur an die jüngste Eskalation im
politisch aufgeheizten Lokführer-Streik.

Eine der wenigen Ausnahmen von dieser Regel ist die förmlich
gehaltene, aber sehr bestimmte Ermahnung des Wirtschaftsministers an
die Post, die Grundrechte ihrer Mitarbeiter zu achten. Dass Gabriel
sich bemüßigt fühlt, den Chef des Dax-Konzerns auf eine
Selbstverständlichkeit hinzuweisen, ist ein Vorgang an sich und für
Frank Appel hochnotpeinlich.

Gabriel darf das als Bundesminister, weil der Bund immerhin ein
Fünftel des Konzerns besitzt. Wenn in einem teilstaatlichen
Unternehmen auch nur der Verdacht auf Verletzung elementarer
Arbeitnehmerrechte besteht, muss der Bund sich sogar äußern. Die
Ministeriums-Kommunikation hätte sich ihre
Nichteinmischungs-Diplomatie sparen können.

Angekommen ist der ministerliche Rüffel trotzdem. Dass Appel
selbst Einschüchterungen anordnet, ist kaum vorstellbar. Nun steht er
aber in der Pflicht, dies konzernweit zu unterbinden.

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