Ministerpräsident Ahmet Davutoglu spricht von einem
„heroischen Sieg“. Die oppositionsnahe Zeitung „Sözcü“ titelt
dagegen: „Zusammenbruch“. So unterschiedlich können die Wahrnehmungen
sein.
Davutoglu sollte sich mit den Realitäten vertraut machen. Die
Pläne für die Einführung eines Präsidialsystems, mit dem sich sein
politischer Gönner Recep Tayyip Erdogan zu einer Art Alleinherrscher
aufschwingen wollte, sind mit diesem Wahlergebnis vom Tisch.
Davutoglu hat die dafür mindestens nötige Dreifünftelmehrheit im
Parlament weit verfehlt. Gestützt auf die eigenen Stimmen seiner
Fraktion kann er keine stabile Regierung führen. Er könnte ein
Minderheitskabinett bilden, aber dessen politische Lebensdauer wäre
begrenzt.
Alle drei Chefs der Oppositionsparteien beeilten sich zu
versichern, sie würden auf keinen Fall in eine Koalition mit der AKP
eintreten. Das ist als erste Reaktion nachvollziehbar, nachdem
Davutoglu und Erdogan im Wahlkampf die Oppositionsparteien geradezu
dämonisierten. Es muss und sollte aber nicht das letzte Wort sein.
Die anderen drei Parteien sollten jetzt Möglichkeiten zur
Zusammenarbeit mit der AKP ausloten. Dazu gehört allerdings auch,
dass Davutoglu von seinem hohen Ross heruntersteigt.
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