WAZ: Vor Weihnachten nicht die große Axt. Kommentar von Stefan Schulte zur Karstadt-Sanierung

Wer bei Karstadt welche Fehler gemacht und wie sehr
Strahlemann Berggruen die Mitarbeiter im Stich gelassen hat, spielt
keine Rolle mehr. Sondern allein, ob der Traditionskonzern aus dem
Schlamassel wieder rausfindet, in den er von viel zu vielen Chefs mit
viel zu vielen Kurswechseln getrieben wurde. Dafür entscheidend ist,
ob der nicht minder smarte Österreicher René Benko das Projekt
Warenhaus der Zukunft ernsthafter angeht als sein Vorgänger. Bisher
gibt es bei aller Sorge um die Arbeitsplätze noch keinen Anlass,
daran zu zweifeln. Benko geht die Sanierung entschieden an, aber
zumindest bisher nicht mit der ganz dicken Axt. Das mag dem
anstehenden Weihnachtsgeschäft geschuldet sein, Mitarbeiter und
Kunden wollen bei Laune gehalten werden. Dass über die sechs
gekippten Standorte hinaus weitere 20 Häuser Verluste schreiben, ist
lange bekannt. Ob die verbreitete Devise „Zurück zu den Wurzeln“ sie
retten kann, bleibt ungewiss. Klar ist aber: Die Sanierung wird
härter als die ersten Beschlüsse erkennen lassen. Und so zynisch es
klingt: Sie wird nicht nur Filialen und Stellen kosten, sondern auch
viel Geld. Schon deshalb tut die neue Führung gut daran, es vor dem
Weihnachtsgeschäft etwas ruhiger anzugehen.

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