Edward Snowden ist kein Held. Er hat keines Menschen
Leben gerettet. Aber er hat auch niemanden verraten. Er hat nur
ausgesprochen, was für die Geheimdienste dieser Welt offenbar
vollkommen selbstverständlich ist, nämlich mit großer technischer
Finesse die privaten Depeschen von Millionen Menschen systematisch zu
durchleuchten. Er hat dafür gesorgt, dass sich Bürger und Regierungen
fragen müssen, wie sie es mit den Freiheitsrechten halten.
Demokratien leben davon, dass jeder seine Meinung äußern kann, ohne
dass der Staat mithört und, je nach staatlicher Doktrin, sie als
riskant oder harmlos einstuft. Freiheit besteht nur dort, wo es Raum
zu freier Rede gibt. Das Internet, gepriesen als trojanisches Pferd
der Demokratisierung, wird so zum Instrument umfassender Kontrolle.
In der Methode unterscheiden sich freie Staaten hier offensichtlich
nicht von Unterdrückungs-Regimen. Wir wissen nun: Jeder
Geheimdienst-Analyst, der übrigens anonym bleibt, kann zu jeder Zeit
an jedem Ort jeden Menschen ins Visier nehmen. Kann ihn elektronisch
ausziehen, E-Mails, Passwörter, Kontodaten und Bewegungsprofile
erstellen. Wen das nicht beunruhigt, der hat bewundernswert viel
Vertrauen in seinen Staat.
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