WAZ: Wertarbeit ohne Wertschätzung. Kommentar von Stefan Schulte

Jahrzehntelang wurde beklagt, die Unternehmen böten
zu wenige Ausbildungsplätze an. Jetzt gibt es genug Lehrstellen, doch
viele bleiben leer. Vielleicht haben die Betriebe die Zeichen der
Zeit zu spät erkannt. Vielleicht hätten sie umdenken sollen, bevor
die Demografiefalle zuschnappt. Doch so einfach ist es nicht, schon
gar nicht beim Handwerk. Es müht sich sehr um die jungen Menschen.
Handwerksbetriebe geben seit Jahren viel häufiger als andere Branchen
auch lernschwachen Schülern eine Chance – was wiederum in mehr
Ausbildungsabbrüchen mündet. Die Lösung des Problems liegt aber
woanders: Wenn immer mehr Schüler Abitur machen, muss das Handwerk
seinen Nachwuchs verstärkt am Gymnasium finden. Dass es sich dort mit
seinen Imagekampagnen schwer tut, liegt auch an der Überhöhung des
Studiums. Die Politik ist daran nicht unschuldig. Noch immer beweist
sie mangelnde Wertschätzung für echte Wertarbeit, etwa wenn
Bildungsministerin Wanka mehr Bafög für Studenten verspricht – und
die Meister vergisst. Gut, dass Gabriel ihr die alten Berufe nun in
Erinnerung ruft.

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