WAZ: Wertschätzung als „Doping“ – Kommentar von Julia Emmrich zur Arbeitsbelastung

Koffein, Nikotin, Zucker: Was tun wir nicht alles,
um gut durch den Tag zu kommen. Die einen kippen Kaffee in sich
hinein, die anderen retten sich von einer Zigarette zur nächsten.
Steigt der Stresspegel, hilft dem einen nur noch der Energydrink, bei
dem anderen tut–s der Schokoriegel. Jeder macht das, jeder darf das
sehen: Legale Aufputschmittel bestimmen den Alltag in Millionen
deutschen Büros und Betrieben. Was die meisten dagegen nicht sehen,
und worüber die wenigsten reden: Viele haben noch ganz andere Sachen
im Blut.

Rezeptfreie und rezeptpflichtige Arzneimittel, die gesunde
Menschen einnehmen, um ihren Alltag besser bewältigen zu können: Weil
sie keine Zeit haben für Yoga, Meditation oder Achtsamkeitsübungen –
und weil es leichter ist, eine Pille zu schlucken als Druck aus dem
Leben zu nehmen. Johanniskraut gegen Versagensängste, Baldrian gegen
Schlafstörungen, aber auch Antidepressiva und Betablocker für mehr
Leistungsfähigkeit. Es ist noch kein Massenphänomen, aber ein
Alarmsignal. Viele trimmen sich so lange auf Leistung, bis sie
zusammenbrechen. Ein Patentrezept dagegen gibt es nicht, was aber
hilft, sind Lob und Wertschätzung. Hochdosiert.

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