WAZ: Wettbewerb um den Nachwuchs – Kommentar von Stefan Schulte

Nein, die Tierarzthelferin, die dem Herrn Doktor das
Auto wäscht, und der Kfz-Azubi, der dem Chef die Garage streicht,
sind nicht der Normalfall, sondern die Ausnahme. Trotzdem treffen
diese beiden Räuberpistolen die am weitesten verbreitete Unsitte
deutscher Lehrmeister auf den Punkt: Viel zu oft, viel zu lang und
viel zu kurzsichtig werden Azubis als billige Arbeitskräfte
missbraucht. Im besten Fall aus akuter Personalnot, im schlimmsten
Fall aus Kalkül. Auch das ist nicht die Regel, die meisten Betriebe
lernen ihre Azubis im eigenen Interesse gezielt an. Doch unbezahlte
Überstunden und Extraschichten sind gerade in der Gastronomie weit
verbreitet. Die gute Nachricht: Das werden sich die Chefs nicht mehr
lange leisten können. Weil immer weniger Schulabgänger auf
voraussichtlich konstant viele Ausbildungsplätze kommen, wird es
einen Wettbewerb um den Nachwuchs geben. Vor allem, wenn – wie
vielfach beklagt – nicht jeder Jugendliche reif ist für eine
Ausbildung. Wer einen guten Azubi will, wird ihm etwas bieten müssen.
Dass viele Gastronomen schon heute keine Kochlehrlinge mehr finden,
hat seine Gründe.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de