Wer nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im offenen
Europa noch einmal doppelreihige Stacheldrahtzäune erleben will,
sollte nach Calais fahren. Der Anblick der kilometerlangen
Sicherheitszäune, die Flüchtlinge hindern sollen, auf die
Zufahrtsstraßen zum Kanaltunnel und zum Hafen zu gelangen, ist
schockierend. So wie die in der Dünenlandschaft verstreuten wilden
Flüchtlingscamps. Tausende Menschen hausen dort unter unwürdigen
Umständen, weil ihnen von skrupellosen Schleppern das Blaue vom
Himmel versprochen wurde, sollten sie denn je britischen Boden
erreichen. Bei den Versuchen dazu gab es schon Tote.
Die englische Sprache und der laxe Umgang britischer Behörden in
der Bekämpfung von Schwarzarbeit – auch das hat das Vereinigte
Königreich „attraktiv“ gemacht für illegal Einreisende. Skandalös
ist, wie brachial die Verantwortlichen dies- und jenseits des Kanals
auf die Misere reagieren: mit neuen Zäunen und mehr Polizei. Ausbaden
dürfen das jetzt auch all diejenigen Fuhrunternehmer, die hilflos mit
ansehen müssen, wie sich verzweifelte Menschen auf ihren Ladeflächen
festkrallen – und Europas Asylpolitik dabei untergeht.
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