Weser-Kurier: Kommentar zu Gaucks Appell an die Kanzlerin

Selbstverständlich hat er recht, der
Bundespräsident. Allerdings ist das weniger bemerkenswert als
populistisch. Politische Entscheidungen sollten den Bürgern erklärt
werden. Soso. Das nennt man gemeinhin eine Binsenweisheit, die zwar
weitgehend unbeachtet bleibt, aber für jedes politische Thema gilt.
Aber gerade wer den Bürgern viel abverlangen will, muss sie
„mitnehmen“, wie es heutzutage so inflationär wie pädagogisch
wertvoll heißt. In diesem Fall muss man sie wahrscheinlich eher
mitzerren, denn es gibt längst kein Zurück mehr. So erklären sich
auch die guten Umfragewerte der Kanzlerin: Die Bürger vertrauen
Angela Merkel, weil sie ihr vertrauen müssen. Selbstverständlich:
Wissen macht Ah, kann also nie schaden. So ist es gewiss von Vorteil,
sich vor Augen zu führen, mit welcher Summe Deutschland
schlimmstenfalls für die Euro-Rettung haftet: mit rund 310000000000
Euro. Und zwar ohne, dass die Zukunft des Euro damit tatsächlich
garantiert wäre. Es ist sicher auch gut zu wissen, dass andere Länder
jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt haben und mit offenen
Armen in der Euro-Zone empfangen wurden. Obwohl bekannt war, dass in
Brüssel „griechische Statistiken“ vorgelegt worden waren. Das führt
vermutlich zu der Erkenntnis, dass nicht langfristig gedacht und
entschieden wurde, sondern in Wahlperioden. Und zwar nicht nur in
Deutschland, sondern in allen Euro-Ländern. Kurz: Wissen macht Och.
Es mag auch nützlich sein, sich daran zu erinnern, wofür die EU und
Brüssel bis vor einiger Zeit – zumindest auch – standen: für
Vereinheitlichtungswut, Monsterbürokratie und Geldverschwendung.
Mittlerweile ist die Not so groß, dass die Rede ist von den
Vereinigten Staaten von Europa – mit einem Minister-, Beamten- und
Abgeordnetenapparat, von dem man lieber noch gar nichts wissen mag.
Zu guter Letzt schadet es auch nicht zu wissen, dass bei den
Eigenschaften, die Gauck nachgesagt werden, Eitelkeit ziemlich weit
vorne rangiert. Und Wissen macht Oh je.

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