Hans-Werner Sinn, dieser Thilo Sarrazin der
Wirtschaftswelt, hat einen Protestaufruf an die Bürger gegen die
Euro-Rettung anzettelt. Das verwundert nicht. Schließlich ist er als
vehementer Verfechter eines harten Kurses gegen schwächelnde
Euro-Länder bekannt. Die Kritik trägt er mit markigen Worten vor. An
den Stammtischen kommen die gut an. Deshalb trägt er auch den wenig
schmeichelnden Beinamen „Boulevard-Professor“. Die Kampagne aber, die
er jetzt zusammen mit anderen Ökonomen aus Deutschland, Österreich
und der Schweiz angeschoben hat, ist weitaus ernster, als seine
bisherigen Auftritte in den Medien, bei denen er eurokritische Thesen
verbreitet hat. Der Aufruf ist nämlich gefährlich. Gefährlich für den
Euro. Gefährlich für die europäische Vereinigungsidee. Gefährlich für
Deutschland. Warum? Zum einen, weil Hans-Werner Sinn Einfluss und
Macht hat. Die englische Zeitung „Independent“ zählt ihn zu den zehn
wichtigsten Menschen, die 2011 die Welt verändert haben. Und das
Magazin Wirtschaftswoche führt in auf Platz 1 der Liste „Die
wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler“. Das bedeutet: Sinn wird es
gelingen, diese Thesen bei Entscheidern – Managern, Politikern,
Journalisten – zu platzieren. Zum anderen, weil der Aufruf die
aktuellen Bemühungen der Politik um mehr Gemeinschaft wieder
diskreditiert. Weniger Gemeinschaft bedeutet aber wieder mehr
Gefahren für den Euro. Einfach deshalb, weil die Märkte diese
Zwietracht, den Vertrauensverlust, sofort in Geschäfte umsetzen. Mit
weiteren Spekulationsangriffen auf den Euro, mit höheren Zinsen. Das
Schlimmste dieses Aufrufs steht allerdings nicht ausdrücklich im
Text, sondern nur zwischen den Zeilen. Die Ökonomen um Sinn lehnen
nämlich das Projekt Europa insgesamt ab. Wer jeden in der EU sich
selbst überlassen will und den Sturz des Euro einkalkuliert, dem kann
nur unterstellt werden, dass er die europäische Einigungsidee
komplett ablehnt. Die Folgen wären verheerend. Vor allem für
Deutschland – und damit seinen Bürgern.
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