Weser-Kurier: Moritz Döbler über Volkswagen

Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es
will: So heißt es im Bundeslied, einem Arbeiterlied von 1863. Für
Zulieferer gibt es keine entsprechenden Verse, aber in Wolfsburg und
Emden stehen trotzdem bald Räder still: Volkswagen kann seine
wichtigsten Modelle Golf und Passat nicht fertigen, weil ein
Mittelständler es will. Europas größter Autokonzern sieht sich seinem
Zulieferer ausgeliefert, es geht um Getriebeteile und Sitzbezüge,
mithin um eher triviale Produkte. Dass es so kommen konnte, beruht
auf einem fatalen Managementfehler – so abhängig darf man sich nicht
machen. Weil es aber nicht das einzige Problem ist, reißt diese
bizarre Geschichte Volkwagen tiefer in die Krise. Und es geht nicht
um irgendein Unternehmen, sondern um das größte der Schlüsselbranche
Deutschlands. Dabei ist die Kernmarke VW schon länger nicht besonders
rentabel, und so erklärt sich möglicherweise, dass man sich abhängig
gemacht hat: Niedrigste Einkaufspreise wären dann das Motiv gewesen.
So oder so sind die Budgets künftig knapp. Die Milliarden, die wegen
der manipulierten Diesel-Software für Rückrufaktionen und Strafen
draufgehen, fehlen für Investitionen. Das macht es schwerer,
alternative Antriebe zu forcieren und sich gleichsam neu zu erfinden.
Vor allem aber lässt sich nicht absehen, wie die Kunden auf Pfusch
und Chaos reagieren. Noch besteht die Chance, dass Volkswagen
glimpflich aus der Krise kommt – sicher ist es nicht.

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