Ein „starkes Programm, vielleicht das beste seit
Willy Brandt“ soll es sein. Einige kluge Ideen enthält der Entwurf
des 71-Seiten-Papiers, das die SPD-Führung am Montag in Berlin
vorgelegt hat, tatsächlich. So sollen Kita-Gebühren abgeschafft
werden, was viele Familien entlasten würde. Und das ungerechte
Ehegattensplitting soll zu einem Familientarif mit Kinderbonus
umgebaut werden, damit auch Eltern ohne Trauschein etwas davon haben.
Die Genossen werden auch einigermaßen konkret, was sie gegen marode
Straßen und verrottende Schulen tun wollen. Na ja, und gegen 15.000
zusätzliche Polizisten in Bund und Ländern hat man in diesen Zeiten
ja auch nichts.
Die SPD sieht sich immer noch als die Partei der kleinen Leute –
also vor allem zuständig für Geringverdiener, Arbeiter und jene, die
nur eine magere Rente beziehen. Doch das Wahlprogramm lässt
ausgerechnet für die Kernthemen Steuern und Rente die Katze noch
nicht aus dem Sack. Nur soviel ist bekannt: Die SPD will die kleinen
und mittleren Einkommen entlasten und Großverdiener stärker belasten.
Bei der Alterssicherung will sie das Rentenniveau möglichst hoch und
den Beitragssatz möglichst niedrig halten – in Zeiten des
demografischen Wandels ist das die Quadratur des Kreises.
Die Sozialdemokraten sind deutlich verunsichert durch die drei
verlorenen Landtagswahlen. Es fehlt an gutem Timing und
Koordinierung. So redet Ex-Parteichef Sigmar Gabriel über was und
wann er will, und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat
erst vor wenigen Tagen ein eigenes, in der Partei umstrittenes
Steuerkonzept vorgestellt. Bei der Präsentation des Programm-Entwurfs
am Montag sorgte die Parteizentrale dann für komplette Verwirrung:
Erst stand der Termin, dann wurde er infrage gestellt, um schließlich
doch noch stattzufinden.
Das ist keine Empfehlung für eine Partei, die sich anschicken
will, das Kanzleramt zu stürmen. Es ist wie immer: Wenn die SPD ihre
Parteigranden wie Willy Brandt ins Spiel bringt, dann knirscht es in
der Gegenwart gehörig.
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