Pressefreiheit ist eine Zumutung: für die von 
Journalisten kritisch begleiteten Politiker, Unternehmer, 
Fußballtrainer, Künstler – aber auch für jene, die in den eben 
Genannten Hoffnungsträger, Heilsbringer, Genies oder zumindest 
Vorbilder sehen. Viele sind allzu rasch bereit, mal eben ein 
Grundrecht einzuschränken, wenn ihnen das Gesagte oder Geschriebene 
nicht passt. Auf dieses ungesunde „Volksempfinden“, aufgeladen mit 
Hass und Hysterie, konnten sich Demagogen, Populisten und Diktatoren 
schon immer verlassen. Deshalb ist die Pressefreiheit auch eine 
Zumutung für all jene, die auf sie pochen und die sie verteidigen 
wollen: Sie agieren immer aus einer unterlegenen Position, müssen 
mühsam um Verbündete werben. Dem Journalisten Deniz Yücel wirft die 
türkische Justiz – also die Justiz von Präsident Erdogan – nun 
Volksverhetzung und Terrorpropaganda vor. Sein „Verbrechen“: Er hat 
einen Kommandeur der Kurden-Guerilla PKK interviewt und dann 
veröffentlicht, was dieser über Erdogan gesagt hat. Gewiss, die PKK 
ist kein Karnevalsverein: Sie hat unzählige Menschenleben auf dem 
Gewissen und ist deshalb auch hierzulande verboten. Aber hier haften 
Journalisten nicht für Äußerungen ihrer Gesprächspartner, und seien 
es auch die schlimmsten Unmenschen und Verbrecher. Die konstruierte 
Anklage gegen Yücel und Dutzende seiner Kollegen funktioniert wie die
mittelalterliche Inquisition. Man muss nur Ketzer und Hexen durch 
Kurden und Putschisten ersetzen. Der Schauprozess ist Stalinismus in 
Reinkultur: Manipulierte „Beweise“ – hier die Übersetzungen deutscher
Artikel ins Türkische – führen zum längst feststehenden Urteil. 
Dagegen muss man aufstehen und mit allen legalen Mitteln kämpfen. Das
erfordert der Anstand aller echten Demokraten, ob sie nun regieren 
oder regiert werden.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Zentraldesk
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de
Original-Content von: Weser-Kurier, übermittelt durch news aktuell
