Altes Denken
gegen Junge
Eltern haften für ihre Kinder!“ – so steht es an nahezu jedem
Baustellenzaun. „Kinder zahlen für ihre Eltern“ – so lautet der
Generationenvertrag unserer Gesellschaft, niedergelegt in den
Sozialgesetzen. Das ist auch gut und gerecht so – zumindest dann,
wenn die Jungen eine realistische Aussicht auf eine ähnlich stetige
Erwerbsbiographie haben wie die Nachkriegsgeneration.
Leider legt die Große Koalition vor allem Wert darauf, die
aktuelle Rentnergeneration bei Wahltagen an sich zu binden. Kein
Wunder, die Älteren und Alten sind eine Macht an der Urne: Mehr als
die Hälfte der potenziellen Wähler ist über 50, gut ein Drittel über
60 Jahre alt. Diese Pressure-Group wird also mal mit der
„Mütterrente“, mal mit der Rente ab 63 geködert. Geschenke, so
sinnlos wie Windrädchen oder Luftballons – aber viel, viel teurer.
Das Schlimme an der Rentenpolitik der Großen Koalition ist ihre
Inkonsequenz. Da wird angesichts steigender Lebenserwartung und
stagnierender Geburtenrate über die Rente mit 67 nachgedacht – und
dann die Rente mit 63 eingeführt. Und um die berufstätige Generation,
die den ganzen Spaß finanzieren muss, nicht vollends zu frustrieren,
will man auch noch eine Untergrenze fürs künftige Rentenniveau
einziehen. Prinzip Hoffnung, ungedeckte Wechsel auf die Zukunft.
Denn leider ist die Rente mit 67 oder gar 72 kaum kompatibel mit
der deutschen Arbeitswelt. Allzu viele Unternehmen legen größten Wert
darauf, ältere Arbeitnehmer – teuer, kaum kündbar, dafür weniger
flexibel und belastbar – rasch via Vorruhestand loszuwerden. 63 Jahre
sind da eher schon die Obergrenze.
„Generation Praktikum“ hangelt sich derweil von einem
außertariflichen Zeitvertrag zum nächsten, soll aber mit ihren
Sozialabgaben den Generationenvertrag finanzieren. Gerecht geht
anders. Festanstellung mit 27 wäre ein Ziel, das eine Große Koalition
und die Spitzenverbände der Wirtschaft um des sozialen Friedens
Willen zu verhandeln hätten. Dann könnte man auch guten Gewissens die
Älteren beglücken.
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