Was für eine aberwitzige Geschichte! Mit viel 
Getöse präsentiert das „Investigativ-Team“ der „Süddeutschen 
Zeitung“, des NDR und des WDR nun seine Erkenntnisse zum Abschuss des
malaysischen Verkehrsflugzeugs im vorigen Juli über der östlichen 
Ukraine: In einem „vertraulichen Drahtbericht“ habe das Auswärtige 
Amt schon zwei Tage zuvor gewarnt, dass die Region für Flugzeuge 
gefährlich sei. Und auch der Bundesnachrichtendienst habe dies 
„mehrfach in seinen täglichen Berichten mitgeteilt“. Donnerwetter, da
hatten die investigativen Kollegen wohl tiefen Einblick in die Welt 
der Staatsgeheimnisse! Und dann hat es die doofe Bundesregierung 
versäumt, diese hochbrisanten Erkenntnisse der Lufthansa mitzuteilen 
– Skandal! Mal ernsthaft, liebe medial Erregte: Wer Mitte Juli 2014 
noch irgendwelche Zweifel daran hatte, dass der Luftraum über der 
Ostukraine Kriegsgebiet und damit entsprechend gefährlich war, muss 
taubblinder Analphabet gewesen sein. Im Wochenrhythmus wurden dort 
zumeist ukrainische Hubschrauber und Flugzeuge abgeschossen. 
Spätestens seit dem 14. Juli war klar, dass die Separatisten oder 
deren russische Unterstützer auch hochfliegende Maschinen erwischen 
konnten. Dazu brauchte man keine „vertraulichen Drahtberichte“ – 
Zeitunglesen, Radiohören oder Fernsehen reichte völlig. Am selben 
Abend fasste die Deutsche Presse-Agentur zum Abschuss einer 
militärischen An-26 die Aussage des ukrainischen 
Verteidigungsministers zusammen: Die Maschine sei in 6500 Meter Höhe 
„von einer starken Rakete getroffen“ worden. Solche frei zugänglichen
Informationen hätten also durchaus in jene täglichen 
Risikobewertungen einfließen können, die Lufthansa oder Malaysia 
Airlines erstellen. Andere hatten schließlich längst Konsequenzen 
gezogen – auch ohne Nachhilfe durch die Bundesregierung: Air Berlin, 
Air France, British Airways, Korean, Quantas mieden die Ostukraine. 
Sie gaben auch nichts darauf, dass die Ukraine selbst ihren Luftraum 
nur zum Teil gesperrt hatte. Man wog einfach verantwortungsvoll die 
offenliegenden Fakten ab. Unangenehm an der aktuellen 
Berichterstattung ist ihre aufgeblasene Scheinheiligkeit. Eine 
Schuldzuweisung zum jetzigen Zeitpunkt sei „unseriös“, heißt es – 
dabei weist man selber munter Schuld zu. Natürlich nicht den 
Separatisten, von deren Terrain aus die Rakete, die Russland 
geliefert hatte, abgefeuert worden ist. So zumindest die wirklich 
investigativen Recherchen, welche die Agentur correctiv bereits 
Anfang Januar vorgelegt hat. Nun aber zeigt der Finger auf die 
Regierungen in Berlin und Kiew: die eine pflichtvergessen, die andere
zu gierig, um auf Überfluggebühren zu verzichten. Das aber ist keine 
Aufklärung, das ist der Verlust von Maßstäben angesichts 300 
getöteter Zivilisten.
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