Das Landgericht München I hat entschieden – und
ein Urteil mit Symbolcharakter gesprochen: Dominik Brunner, der
Schüler vor zwei jugendlichen Schlägern beschützen wollte, wurde
ermordet. Die Tat sei aus Rache geschehen, Brunner Opfer zügelloser
Gewalt geworden, befanden die Richter. Daher verhängten sie für den
Hauptangeklagten eine Haftstrafe, die nur zwei Monate unter der nach
dem Jugendstrafrecht höchstmöglichen Höchsstrafe von zehn Jahren
Freiheitsentzug liegt. Dass der Mittäter nicht auch wegen Mordes
verurteilt wurde, sondern wegen des nicht ganz so schwerwiegenden
Vorwurfs einer Körperverletzung mit Todesfolge, begründete das
Gericht damit, dass er weniger getreten habe als der Haupttäter. Die
Strafe dafür: sieben Jahre Freiheitsentzug. Man könnte es dabei
bewenden lassen, das Urteil als „hart, aber gerecht“ bezeichnen – und
zur Tagesordnung übergehen. Doch dies würde dem Münchner
Richterspruch nicht gerecht. Denn das Landgericht hat mit dem Urteil
mutmaßlich eine Trendwende in der bisherigen Rechtsprechung bei
Gewalttaten Jugendlicher eingeleitet. Kernpunkt: Tritte gegen Kopf
und Bauch eines am Boden liegenden Opfers beinhalten eine bedingte
Tötungsabsicht. Das bedeutet: Die Täter sind sich im Klaren, dass ihr
Opfer an den Folgen der Tritte sterben könnte. Sie wollen vielleicht
nicht den Tod des Opfers, nehmen ihn aber in Kauf. Bislang war es in
vergleichbaren Strafverfahren häufig so, dass selbst wenn Angreifer
wiederholt gegen den Kopf ihres am Boden liegenden Opfers traten, sie
später im Prozess erfolgreich beteuerten, dass sie den Menschen nicht
töten wollten. Ihre Verteidiger untermauerten das mit der Erklärung,
ihre Mandanten seien sich der Gefährlichkeit der Tritte nicht bewusst
gewesen. Doch dies hat 2009 der Bremer Jurist Daniel Heinke in einer
vielbeachteten Dissertation widerlegt. Bei einer empirischen
Untersuchung stellte er fest: 90 Prozent der Befragten im Alter
zwischen 18 und 23 Jahren schätzten – unabhängig von ihrem
Bildungsgrad – einen Tritt gegen den Kopf als „lebensgefährlich“ ein.
Vor diesem Hintergrund ist das Münchener Urteil ein klares Signal,
dass die Justiz konsequent und mit aller gebotenen Härte gegen
jugendliche Gewalttäter vorgeht.
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