Westdeutsche Zeitung: Anklage gegen Ex-Porsche-Chef = von Peter Kurz

Die Nachricht über die Anklage gegen den
einstigen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinen
Ex-Finanzvorstand reiht sich ein in eine lange Serie von
Negativmeldungen aus den Chefetagen der deutschen Wirtschaft. Dabei
dürfte eine gerichtliche Aufarbeitung des gescheiterten Versuchs vor
allem voyeuristische Bedürfnisse der Öffentlichkeit befriedigen: Wie
lief das damals ab, als der David Porsche sich den Goliath VW
einverleiben wollte? Es geht um den Vorwurf „informationsgestützter
Marktmanipulation“. Die Opfer einer noch nachzuweisenden Straftat
wären also Menschen gewesen, die im Rahmen des Übernahmekampfes gern
ihren Schnitt am Aktienmarkt gemacht hätten. Ein solcher Prozess ist
zweifellos wichtig für die Hygiene am Kapitalmarkt. Doch das
Potenzial, auch den Normalbürger aufzuschrecken, haben Fehler in den
Wirtschafts-Chefetagen vor allem dann, wenn sie ihn selbst direkt
betreffen. Sei es durch tausende wegfallende Stellen wie bei der
Schlecker-Pleite und bei Opel. Oder durch eine Kostenexplosion bei
der Bahn (Stuttgart 21) und dadurch bedrohte weitere
Verkehrsprojekte. Andere Meldungen über fehlerhaftes Verhalten
scheinen den Bürger, soweit er nicht selbst in dem entsprechenden
Unternehmen tätig ist, zwar nicht direkt zu betreffen. Sie haben aber
durchaus das Potenzial, Vertrauen in die Wirtschaft zu erschüttern.
Da sind die Negativschlagzeilen aus dem Hause Thyssen-Krupp:
Milliardenverluste, Vorwürfe von Korruptions- und
Kartellrechtsverstößen. Oder das schwere Wetter, durch das die
Deutsche Bank wegen dubioser Finanzgeschäfte geht. Und deren Chef
dann auch noch einen drauflegt, indem er sich beim
Ministerpräsidenten über staatsanwaltliche Ermittlungen beschwert.
Vorstandschefs sind es gewohnt, auf Hauptversammlungen ihre
Unternehmenskultur zu preisen. Die Lage und die geleistete Arbeit in
Zahlen abzubilden. Bilanzmathematische Zauberei, die den Aktionär
glauben lassen soll: So und nicht anders ist es. Nicht eingearbeitet
in dieses Zahlenwerk ist ein gewichtiger Posten, für den die Bilanz
keine Rubrik bereithält, der aber gleichwohl den Unternehmenswert
maßgeblich prägt – Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Und deren
begriffliche Gegenstücke.

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