Westdeutsche Zeitung: Das Dilemma der kleineren Parteien – Den Markenkern vernachlässigt Ein Kommentar von Martin Vogler

Beim Blick auf den Endspurt der
Spitzenkandidaten vergisst man schnell, dass wohl das Abschneiden von
zwei kleineren Parteien darüber entscheidet, wer Deutschland künftig
regiert. Doch Grüne und FDP sind in den vergangenen Wochen erheblich
ins Trudeln geraten, weil sie das aufs Spiel gesetzt haben, was
Marketingfachleute Markenkern nennen.

Die Grünen werden zwar nur wenig schlechter als 2009 liegen. Doch
der Frust sitzt tief, weil sie sich zwischenzeitlich laut Umfragen
als Volkspartei fühlten. Neben der Pädophilie -Debatte um Jürgen
Trittin rächt sich, dass sie sich zu wenig auf ihre ökologische
Kernkompetenz konzentriert haben. Mit geplanten Steuererhöhungen für
den bürgerlichen Mittelstand – also für ihre eigenen Wähler – haben
die Grünen ein dämliches Eigentor geschossen.

Die FDP hingegen weiß schon lange, dass sie froh sein kann, wenn
sie überhaupt die Fünf-Prozent-Hürde überwindet. Gemessen an den fast
15 Prozent von 2009 ist das ein krasser Absturz. Ihr Problem ist,
dass sie sich in der Koalition mit der Union nicht ausreichend
profilierte. Mit teils ungeschickt agierenden Spitzenleuten suchte
sie ihr Heil zu sehr darin, ähnlich wie andere Parteien, populäre
Positionen zu besetzen. Die FDP wäre besser beraten gewesen, sich
konsequenter auf urliberale Positionen zu besinnen.

Falls es weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün reicht, hätte
das also viel mit dem Schwächeln der beiden Kleinen zu tun. Dann
bliebe fast nur die große Koalition. Denn Dreierbündnisse sind
unwahrscheinlich – und glücklicherweise mit den Linken von den
demokratischen Parteien bislang ausgeschlossen.

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