Der Werbeslogan klang gewaltig:
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte ihre Haushaltspolitik mit
der Überschrift „Präventive Finanzpolitik“ versehen. Das sollte das
anspruchsvolle Etikett für eine Politik der hohen Neuverschuldung
sein, mit der verstärkte Investitionen vor allem in den Bereich
Bildung bezahlt werden, die sich langfristig auszahlen. Ein
Verfassungsgerichtsurteil später heißt das Motto nun „Präventive
Sozial- und Wirtschaftspolitik“, und die Neuverschuldung wird um
Milliarden niedriger ausfallen als ursprünglich geplant. Das ist aus
der Sicht der Steuerzahler keine schlechte Entwicklung.
Kraft hat gestern gleichwohl einen wichtigen Beitrag für künftige
politische Schwerpunkte gelegt. Denn sie präsentierte ein
Prognos-Gutachten, das erstmals in groben Zügen auflistet, welche
volkswirtschaftlichen Effekte eine gelungene Sozial- und vor allem
Bildungspolitik hat. Gewiss handelt es sich um ein von der
Landesregierung bezahltes Gutachten und hat deswegen nur beschränkte
Aussagekraft. Doch bei allen Abstrichen gewähren die Experten doch
wichtige Aufschlüsse: Die sozialen Folgekosten aus der Spirale
schlechter Sozialbetreuung und unzureichender Bildungsabschlüsse
liegen alleine in NRW bei mehr als 23 Milliarden Euro jährlich. Das
ist ein gewaltiger Bremsklotz in der wirtschaftlichen Entwicklung und
vor allem eine immense Belastung der staatlichen Haushalte.
Für den höchst umstrittenen Etat 2011 der rot-grünen
Minderheitsregierung besagt das freilich nicht sehr viel. Bei der
Neuverschuldung – ob da nun am Ende eine 6 oder eine 5 vor dem Komma
steht, wird sich noch zeigen – sind es in diesem Jahr lediglich rund
300 Millionen Euro, die für die rot-grüne Präventionspolitik
anfallen: Abschaffen der Studiengebühren und kostenloses drittes
Kindergartenjahr. Das relativiert einerseits die Politik von Kraft,
macht es aber auch für die CDU sehr viel schwieriger, Neuwahlen zu
begründen.
Die Signale der Entspannung bei der Union waren in dieser Woche
nicht zu überhören. Auch die NRW-Parteien schauen gebannt auf die
Wahlen am Sonntag. Es kann sein, dass danach nur noch die Grünen
Interessen an einem schnellen Urnengang in NRW haben. Erfolg macht
manchmal einsam.
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