Verstaatlichte Banken und Energieversorger,
keine Auslandseinsätze der Bundeswehr, 30-Stunden-Woche für alle
Arbeitnehmer – der Parteitag der Linken in Erfurt hat sich als
Kuschelseminar für DDR-Nostalgiker entpuppt. Selten waren die Reihen
fester geschlossen, selten war mehr Frieden in der Partei, die so
sehr vor allem mit ihren Wurzeln kämpft.
Vergessen die diffuse Kommunismusdebatte, vergessen die peinlichen
antisemitischen Ausfälle einiger Genossen, vergessen die harsche
Kritik an der Führungsqualität von Gesine Lötzsch und Klaus Ernst.
Stattdessen dunkelrote Träume von einer Gesellschaft, die im
demokratischen Sozialismus organisierte Gerechtigkeit praktiziert.
Vorbilder dafür gibt es freilich nicht. Aber gerade das macht diesen
Traum ja so verführerisch.
Dabei sollten die meisten Parteigänger der Linken aus eigener
Anschauung wissen, dass eine überwiegend gegängelte Wirtschaft zum
Scheitern verurteilt ist. Und auch der Staat als umfassender
Fürsorger für alles und jeden hat nirgendwo auf der Welt ein
funktionierendes Vorbild.
In der Sehnsucht nach innerparteilicher Geschlossenheit focht die
Delegierten des Parteitages all das nicht an. Sie verabschiedeten mit
annähernd 100 Prozent Zustimmung ein Programm, das die organisierte
Linke auf Dauer von den politischen Schalthebeln in Deutschland
fernhalten wird. Gut so.
Denn von Erfurt geht nicht das Signal aus, dass die Linke noch
eine ernstzunehmende politische Kraft in Deutschland sein will,
geschweige denn, dass sie es auf der Basis ihres neuen Programmes
sein könnte. Sie scheint sich mit ihrer Oppositionsrolle abgefunden
und nur noch das Ziel zu haben, bei Wahlen die Fünf-Prozent-Hürde zu
überspringen. Dass ihr dies etwa mit der Forderung nach der
Legalisierung von harten Drogen wie Heroin und Kokain gelingt, ist
mindestens fraglich.
Sehr wahrscheinlich ist dagegen, dass sich der als
Befreiungsschlag bezeichnete Parteitag von Erfurt als selbst gewählte
Inhaftierung erweisen wird. Die Linke begibt sich in ein Gefängnis,
dessen Wände aus Anachronismen und Fantastereien gemauert sind.
Gewinner des Parteitags der Linken ist allenfalls die SPD. Sie hat
künftig links von der Mitte wieder mehr Spielraum.
Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
Weitere Informationen unter:
http://