Wann immer ein Politiker sein Schwert im Kampf
gegen Steuersünder zückt, kann er sich des Beifalls der Menge sicher
sein. Einer, der das verinnerlicht hat, ist NRW-Finanzminister
Norbert Walter-Borjans. Der Sozialdemokrat spielt die Rolle des
Steuersünderjägers, der es nur gut mit allen meint, perfekt. Sei es,
dass er auch in Zukunft von Hehlern Daten-CDs kaufen oder, wie jetzt,
mehr Kontrolle als Waffe gegen Kapitalflucht ins Feld führen will:
Walter-Borjans ist ganz weit vorn, nicht nur derzeit als Vorsitzender
der Länderfinanzminister-Konferenz.
Dabei sind sich alle in einem einig: Steuerflucht ist kriminell,
sie schadet der Allgemeinheit und muss verfolgt werden. Es ist egal,
ob Lieschen Müller dem Fiskus 500 Euro verschweigt oder Uli Hoeneß
fünf Millionen. Das darf sich lediglich im Strafmaß widerspiegeln.
Aber die Lösung des Problems sind nicht noch mehr Kontrolle, noch
mehr Absprache zwischen Banken und Finanzbehörden, noch mehr Gesetze,
Verordnungen und Aufpasser. Die Lösung ist ein Steuersystem, das so
einfach ist, dass die Steuererklärung auf einen Bierdeckel passt. Wer
sich nun an den zu Unrecht verunglimpften Schattenminister und
Rechtsprofessor Paul Kirchhof erinnert fühlt, geht nicht fehl. Dessen
Idee von einem transparenten System ist seinerzeit von der SPD
verlacht worden. Dieselbe SPD fordert nun in Person von
Walter-Borjans, dass Daten grenzenlos fließen, auf dass die Kassen
der Finanzämter klingeln mögen.
Doch das wird nicht geschehen. In einem Land, in dem ganze
Berufsstände davon leben, Menschen vor ungewollten Steuersünden zu
bewahren, weil sie dazu angesichts Hunderter von Gesetzen,
Bestimmungen und Richtlinien selbst nicht mehr in der Lage sind, wird
es immer auch Personen geben, die das Dickicht nutzen, um ihr Geld
verschwinden zu lassen.
Es ist ein Ärgernis, dass der Allgemeinheit jedes Jahr 160
Milliarden Euro an Steuern vorenthalten werden. Wer das aber ändern
will, braucht nicht noch mehr Gesetze und noch mehr Geschäfte mit
Datendieben. Er braucht ein verständliches Steuersystem, in dem jeder
den Beitrag leisten muss, den er leisten kann, ohne sich für seinen
Erfolg bestraft zu fühlen.
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