Westdeutsche Zeitung: Der Winter-Gipfel der NRW-Landesregierung = von Frank Uferkamp

Der Winter ist noch lange nicht vorbei, doch
hat er uns, den Verkehrsteilnehmern in Nordrhein-Westfalen, wertvolle
Lehren beschert. Dazu zählt zuallererst die Gewissheit, dass die
Deutsche Bahn AG ihren Fahrplan wohl an Geschäftsplänen, nicht aber
am Kalender ausrichtet. Denn wie anders ist es zu erklären, dass eine
größere Portion Schnee ausreicht, um die Fahrpläne von Oktober bis
Anfang Januar durcheinander zu bringen? Wer einzig den Zielbahnhof
Börse vor Augen hat, vergisst die Stationen des Alltags. Und die
heißen Pünktlichkeit und Verlässlichkeit. Hier funktioniert –
zumindest im Winter – sogar die Bahn in Polen besser. Verspätungen im
Nahverkehr von 80 Minuten und mehr sind da jedenfalls nicht
vorgekommen. Und die Schweizer Bahn – die Gewinn macht! – hat schon
längst die Deutschen abgehängt. Auch der Autofahrer ist vom
NRW-Winter gebeutelt. Er musste erleben, dass sowohl Kommunen wie
auch Landesbetriebe sowohl bei Streugut wie auch bei Räumfahrzeugen
von einem Winter, der zumindest im Dezember seinen Namen verdiente,
überrumpelt wurden. Mega-Staus im Bergischen Land oder selbst am
Niederrhein waren womöglich nicht zu vermeiden, aber ungeräumte
Straßen und Glatteis auf öffentlichen Wegen über das komplette
Weihnachtsfest und darüber hinaus dürfen in Deutschland nicht
vorkommen. So hätte es denn viel zu besprechen gegeben beim
Verkehrsgipfel, den Landesminister Voigtsberger einberufen hatte.
Doch das Ergebnis muss zumindest in Teilen enttäuschen. Vor allem
gegenüber der Bahn erweist sich Voigtsberger als zahnloser Tiger. Was
er fordert, ist auf Länderebene Konsens – wie etwa die Reinvestition
der 500 Millionen Euro Unternehmensgewinne in diesem Jahr. Was er
nicht fordert: den Ausbau des Zug-Angebotes und der
Schieneninfrastruktur zwischen Rhein und Weser. Im Nah- und
Regionalverkehr ist NRW der größte Kunde der Bahn und zahlt
Milliarden. Hier hat Voigtsberger viel mehr Macht als er ausübt. Nur
müde ist der Protest des Landes gegen das sich abzeichnende Aus des
notwendigen Projekts Rhein-Ruhr-Express. Private Anbieter haben
längst nachgewiesen, dass sie in der Lage sind, profitabel,
verlässlich und pünktlich zu arbeiten. Mehr Mut, Herr Minister.

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