Westdeutsche Zeitung: Hoffnung auf ein Ende der Krise = von Martin Vogler

Die Stimmung in der Wirtschaft hellt sich
überraschend auf, und das Haushaltsdefizit wird deutlich niedriger
als befürchtet. Zwar sollten wir das hemmungslose Jubeln weiterhin
den hoffentlich erfolgreichen Fußballern überlassen, doch wir dürfen
angesichts der beiden aktuellen Nachrichten durchaus optimistisch
sein. Die Krise könnte klarer und schneller vorbei sein, als wir es
je dachten. Natürlich lässt sich an beiden Botschaften herummäkeln.
Beim Ifo-Geschäftsklimaindex kann man einschränken, dass er nur die
aktuelle Lage betrachtet und nichts über die Zukunftserwartungen
aussagt. Doch fest steht: Niemand hatte solch eine positive Zahl
erwartet. Auch bei der Neuverschuldung ist bei aller Freude eine
Relativierung möglich: Unser Staat macht zwar 20 Milliarden weniger
neue Schulden als gedacht – doch die verbleibenden 60 Milliarden sind
noch zu viel. Aber die Richtung stimmt – wir hoffen auf das Ende der
Krise. Da ändert auch die gewachsene Zahl von Insolvenzen nichts,
denn bei denen liegen die Ursachen länger zurück, beziehungsweise
tiefer. Wenn die Probleme konjunkturell sind, dann wirken sich mit
Zeitverzögerung Absatzdellen früheren Datums aus. Handelt es sich um
tiefe strukturelle Schwächen, dann hat die Krise nur den leider
unausweichlichen Niedergang eines Unternehmens beschleunigt.
Besonders bemerkenswert ist, dass Deutschland bislang mit relativ
kleinen Schrammen durch die Wirtschaftskrise gekommen ist. Daran hat
die Arbeitsmarktpolitik einen hohen Anteil, die dank der Kurzarbeit
den sozialen Abstieg vieler Menschen verhinderte und den Firmen die
Chance gab, ihr qualifiziertes Personal zu halten. Zudem wirkten sich
die meist vernunftorientierten Tarifabschlüsse positiv aus. Statt
verbissen um Lohnprozente zu kämpfen, suchten Gewerkschaften und
Arbeitgeber Lösungen mit Zukunftsperspektiven. Die jetzige positive
Entwicklung löst hoffentlich keinen Leichtsinn aus. Der Staat muss
nämlich weiterhin eisern sparen, sollte die Neuverschuldung auf Null
bringen. Gleichzeitig wäre er gut beraten, wenn er den Menschen und
der Wirtschaft ausreichend Luft zum Atmen lässt – auch wenn die
Regulierungswut derzeit in fast allen Parteien populär ist. Nur so
setzt sich der erfreuliche Trend fort.

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