Entweder ist der Gaul mit Innenminister
Hans-Peter Friedrich durchgegangen, oder er hat zu viel mit
US-amerikanischen Geheimdiensten gesprochen. In jedem Fall zeugt
Friedrichs neuester Überwachungsvorstoß weder von politischem
Instinkt noch von ausgeprägtem Respekt vor den Bürgern.
Es ist schon ein starkes Stück, in Tagen wie diesen die Fotos von
Autobahn-Mautbrücken speichern und auswerten zu wollen – alles zum
Wohle der Sicherheit, versteht sich, alles für die Bürger. Wer nichts
zu verbergen hat, der hat schließlich auch nichts zu befürchten. Als
hätte es Edward Snowden nie gegeben.
Gerade ist der größte Spionageskandal seit Ende des Kalten Krieges
aufgedeckt worden. Noch sind die Scherben des Porzellans nicht
aufgekehrt, das die USA mit dem Ausspähen der deutschen
Bundeskanzlerin und anderer westlicher Staatenlenker zerschlagen
haben, da lässt der deutsche Innenminister seinen Kontrollfantasien
ungehemmt freien Lauf. Mehr Fotos von Autos, mehr Kameras auf
Bahnhöfen, noch mehr Informationen, noch mehr Daten – sammeln,
sammeln, sammeln.
Der Vergleich mit George Orwells Roman „1984“ über den totalen
Überwachungsstaat ist in den vergangenen Jahrzehnten oft strapaziert
worden. Aber anscheinend gibt es auch außerhalb der USA Leute, die
Orwells Fiktion als Blaupause für eine moderne, sichere Gesellschaft
sehen wollen.
Aber was ist das für eine Sicherheit, in der Privatheit nichts
mehr zählt, in der ein Staat jeden Schritt und jeden Klick im
Internet lückenlos verfolgen kann? So eine Sicherheit ist nichts
wert. Ein Staat, der nach immer mehr Polizei, Kameras und Überwachung
giert, zeigt nur, dass er seinem eigenen Volk misstraut.
Deutschland gehört mit seinen aktuellen Gesetzen und dank der
Arbeit von Polizei und Justiz zu den sichersten Ländern dieser Welt.
Noch mehr Daten auf noch größeren Festplatten machen einen Staat
nicht sicherer, sondern nur enger.
Aus diesem Grund war es gut und notwendig, dass die SPD und
CSU-Chef Horst Seehofer den Bundesinnenminister in Abwesenheit der
Liberalen aus seinem Überwachungstraum gerissen haben. Hoffentlich
für immer.
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