Westdeutsche Zeitung: Klage gegen den Kommunalsoli in NRW – Die kommunale Familie ist ein Trugbild Ein Kommentar von Peter Kurz

Kurz vor Kommunalwahlen tun die Kandidaten gut
daran, den eigenen Bürgern zu signalisieren: Wir kämpfen gegen den
Kommunalsoli und für euer Geld. Wir machen uns dafür stark, dass wir
den Nachbarstädten nichts überweisen müssen. Denn klar ist: Der
Düsseldorfer Oberbürgermeister muss sich in Essen so wenig Freunde
machen wie der Monheimer Stadtchef in Solingen oder Moers. Die
dortigen Bürger können ihn ohnehin nicht wählen. Das Versprechen, das
Geld für die eigenen potenziellen Wähler zusammenzuhalten, ist da
zielführender.

Man mag das eine Missachtung des vom Landesinnenminister
beschworenen Gedankens der „Solidarität der kommunalen Familie“
nennen. Aber gibt es sie überhaupt – die kommunale Familie? Die
Realität ist eine ganz andere: Da versucht die eine Stadt, mit
möglichst niedriger Gewerbesteuer Unternehmen anzulocken. Auf Kosten
des Nachbarn. Dieser wiederum zieht mit dem Handelsriesen auf der
grünen Wiese Kaufkraft aus den Nachbarkommunen ab. Oder lockt Eltern
mit gebührenfreien Kitaplätzen. Gewiss, es gibt städtische
Kooperationen. Aber letztlich stehen Städte miteinander im
Wettbewerb.

Doch nicht nur diese Realität, auch das Verfassungsrecht spricht
gegen den Kommunalsoli: Für den einst von Kanzler Schröder als
„Professor aus Heidelberg“ verspotteten Ex-Verfassungsrichter Paul
Kirchhof steht die kommunale Selbstverwaltung auf dem Spiel.
Nachvollziehbar und ganz und gar nicht professoral fragt er: Warum
bedarf es eigentlich noch eines Stadtrats, der über Hebesätze bei den
Kommunalsteuern entscheidet, wenn das so erzielte Geld auf Weisung
von oben anschließend wieder umverteilt wird? Wie macht man den
Bürgern klar, dass ihre Stadt Schulden aufnehmen muss, um andere zu
subventionieren? Dass sie eigene Projekte nicht verwirklichen kann,
weil schlecht wirtschaftende Nachbarn Geld brauchen? Die Städte, die
ordentlich geplant haben, werden eben dafür bestraft. Städte werden
nicht zuletzt aufgrund von Entscheidungen auf höherer Ebene
(Stichwort Sozialtransfers) in die Pflicht genommen. Dann muss auch
von dort das Geld zur Behebung der Not kommen – also vom Bund oder
vom Land.

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