Westdeutsche Zeitung: Mehdorn = von Lothar Leuschen

Um diesen Posten hat sich in den vergangenen
Wochen niemand gerissen. Deshalb ist es in der politischen Logik nur
konsequent, dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die
Verpflichtung Hartmut Mehdorns als Chef des Pannenflughafens von
Berlin nun als das Nonplusultra feiert. Und ebenso gehört es zum
geübten Politgebaren, dass zumindest Teile der Opposition diese
Entscheidung für den langjährigen Vorstandschef der Bahn AG
gleichsetzen mit dem Untergang des Abendlandes. Die Fraktionschefin
der Grünen, Renate Künast, ließ auf die verbale Apokalypse denn auch
nicht lange warten. Im vorurteilsfreudigen Internet formieren sich
die Ersten schon zu einem sogenannten Shitstorm, um per Twitter oder
Facebook kein gutes Haar am neuen Mann an der Spitze von Deutschlands
peinlichster Baustelle zu lassen. Wer Mehdorn kennt, weiß, dass er
all dem mit stoischer Gelassenheit begegnet. Leichte Aufgaben waren
die Sache des 70 Jahre alten Berliners noch nie. Mit der
schmerzhaften, letztlich aber erfolgreichen Sanierung der ehemaligen
Bundesbahn hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Und auch sein kaum
anderthalb Jahre währendes Engagement bei der kriselnden
Fluggesellschaft Air Berlin stand in der Öffentlichkeit unter keinem
guten Stern. Das Ende seiner Bemühungen ist offen, betrifft aber auch
seine neue Arbeitsstelle. Denn als Chef von Air Berlin hat er im
Sinne seines Unternehmens die Flughafengesellschaft BER zu Recht
verklagt. Nun wird er alles tun müssen, die Folgen dieser Klage
abzuwenden. So kurios ist die Welt der Wirtschaft bisweilen. Mehdorn
hat sich einen der ungemütlichsten Arbeitsplätze in Deutschland
ausgesucht. Er wird bei weitem nicht so gut bezahlt wie viele Banker
und Manager und muss sich dafür auch noch von der Politik ins
Handwerk pfuschen lassen. Vielleicht ist Mehdorn gerade aus diesem
Grund die richtige Wahl des Aufsichtsrates für den Posten. Wenn der
Flughafen Berlin-Brandenburg jemals eröffnet werden soll, braucht er
an der Spitze einen Mann, der unbequem und kompromisslos sein kann.
Beides hat Mehdorn als Bahnchef bewiesen. Jeder sollte ihm nun eine
glückliche Hand wünschen. Denn bisher ist BER nichts als eine
erbärmliche Visitenkarte für Deutschland.

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