Jürgen Rüttgers will nicht mehr: Er stellt sich
nicht mehr im Landtag zur Wahl des Ministerpräsidenten, er will nicht
Oppositionsführer sein, er will nicht mehr im Rampenlicht stehen. Das
ist sehr viel Verweigerung für einen Mann, der noch am vergangenen
Mittwoch Chef einer schwarz-gelben Minderheitsregierung sein und sich
für seine Projekte Mehrheiten im Parlament suchen wollte. Schon am
Wahlabend hatte sein Abtauchen für Verwunderung gesorgt, nun ist es
wieder da, das Bild des Zauderers und Taktierers, der sich am Ende
ins Abseits stellt. Das ist insoweit schade, als es die Erfolge von
Rüttgers überdeckt. Er hat eine mutlose Landespartei modernisiert und
sie im Jahr 2005 an die Macht geführt. Er hat den Sozialdemokraten
die Macht am Rhein nach 39 Jahren abgenommen – das war kein Zufall,
sondern auch Rüttgers“ Verdienst. Er hat die zerstrittenen Gruppen in
der CDU hinter dem großen Ziel vereint, er hat den Gordischen Knoten
bei der Steinkohlesubvention durchschlagen, er hat tausende neue
Lehrer eingestellt. Er hätte also eigentlich keinen Grund, sich zu
verstecken. SPD und Grüne wollen nun also den riskanten Weg einer
Minderheitsregierung beschreiten. Die Grünen haben den Schritt mit
einer sehr großen Mehrheit in Neuss gebilligt – was nur konsequent
war. Schließlich haben Sylvia Löhrmann & Co. schon seit Wochen die
SPD zu diesem Schritt gedrängt. Sie sehen viel mehr Chancen als
Risiken. Bei der SPD war das lange Zeit genau anders herum. Und es
ist schon bemerkenswert, wenn der gleiche Parteirat binnen weniger
Tage zwei völlig entgegengesetzte Beschlüsse fällt: zunächst
einstimmig gegen eine sofortige Minderheitsregierung, dann ebenso
einstimmig dafür. Diese Volte wird höchst dürftig begründet und ist
nur mit dem immensen Druck zu erklären, den Spitzengenossin Hannelore
Kraft nicht mehr aushalten konnte. Zu einem direkten Duell zwischen
Rüttgers und Kraft wird es wohl nicht mehr kommen. Aber was wäre
gewesen, wenn Rüttgers bereits vor Wochen seinen Rückzug angekündigt
hätte? Eine Große Koalition wäre so wahrscheinlicher geworden. Doch
diesen Dienst hat Rüttgers seiner Partei nicht erwiesen. Jetzt werden
andere regieren – ohne seine CDU.
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