Westdeutsche Zeitung:Özil-Affäre: Überfordert ist nur einer nicht / Von Olaf Kupfer

Ein Telefonat zwischen Erdogan und Özil nach
all den Wirrungen der vergangenen Monate – man kann sich manche
Wendung in diesem völlig überladenen Drama gar nicht besser
ausdenken. Ob das Gespräch vom Bosporus an die Themse am Ende
tatsächlich stattgefunden hat, ist nur noch nebensächlich. Klar ist,
dass der türkische Staatspräsident Erdogan alle Vorteile aus dieser
gewaltigen deutschen Staatsaffäre gezogen hat, die in ihr stecken. Es
gibt Menschen, die behaupten, die türkische Regierungspartei AKP habe
gleich an Özils Schreiben mitgewirkt. Sie machen das an typischen
wiederkehrenden Formulierungen und Botschaften fest, die Özil sendet
und der AKP nutzen. So lassen sich Wählerbindungen verfestigen, ob in
der Türkei oder in Deutschland. Das wirft die Frage danach auf, wie
wir diese Debatte jetzt weiterführen sollten: Sicher unaufgeregter,
weniger Impuls getrieben. Keine Züge mehr besteigen, die Erdogan aufs
Gleis gesetzt hat. Das nämlich ist zahlreich passiert: Weniger mit
der nun initiierten Integrationsdebatte, die nie falsch sein kann,
viel mehr aber mit einer von vielen Politikern reflexartig
betriebenen, offenen Rassismusdebatte, die mit dem Fall Özil nur noch
ganz wenig zu tun hat. Klar ist: Der Sport und der DFB sind mit
diesem Ausmaß schlichtweg überfordert, der Fußballer Özil ist es
schon lange. Nur Erdogan ist es nicht.

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