Putins Wortwahl nach den Terroranschlägen von
Wolgograd mit zahlreichen Toten und Verletzten lässt tief blicken.
„Vollständige Vernichtung“ und „Ausradierung“ kündigte er den
mutmaßlich tschetschenischen Hintermännern der verbrecherischen
Anschläge an. Deutlicher und direkter hätte der „Zar“ Russlands nicht
sagen können, wie sehr er verletzt und verunsichert ist. Wladimir
Putin ist es gewohnt, alles im Griff zu haben. Das gilt für Minister
und Parlament ebenso wie für Medien und Volk. Wer es wagt, sich ihm
in den Weg zu stellen, landet in einem der berüchtigten Arbeitslager.
Und wenn dem Herrscher nach Amnestie ist, lässt er einige Tausend
Gefangene wieder frei. So geschehen kurz vor Weihnachten unter
anderem im Fall Michail Chodorkowski und Pussy-Riot.
So viel Entgegenkommen dürfen die tschetschenischen Rebellen nicht
erwarten, aus deren Reihen die Selbstmordattentäter gekommen sein
sollen. Ihnen wird Putin mit der ganzen hilflosen Härte begegnen, mit
denen die Mächtigen vielerorts auf der Welt islamistisch gesteuerten
Terrorismus bekämpfen – ohne durchschlagenden Erfolg.
Dass die USA Russland im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele
im Februar in Sotschi Hilfe anbieten, ist nach den Anschlägen ein
weiterer Stachel im Fleische des russischen Präsidenten. Gerade erst
hat Putin die Vereinigten Staaten mit dem Asyl für den ehemaligen
NSA-Mitarbeiter Edward Snowden düpiert, da sticheln die USA im
Gegenzug, dass Russland womöglich nicht in der Lage sein könnte, die
Sportler aus aller Welt vor Anschlägen zu schützen. Sotschi ist
schließlich nur knapp 500 Kilometer von tschetscheniens Hauptstadt
Grosny entfernt, und die Terroristen sind mobil genug, auch den
Wintersportort zu erreichen.
Die Anschläge von Wolgograd setzen Wladimir Putin schwer unter
Druck. Er muss unter den Augen der Öffentlichkeit beweisen, dass sein
Land sicher ist, dass es in der Lage ist, die Drahtzieher des Terrors
dingfest zu machen, ehe die olympische Flamme in Sotschi ankommt.
Putin weiß das, und er scheint Angst zu haben. Russlands starker Mann
pfeift im Wald. Sein Lied heißt „Vollständige Vernichtung“ und
„Ausradierung“. Es handelt von Schwäche.
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