Westdeutsche Zeitung: Razzia bei jungen Rechtsextremisten = Von Horst Kuhnes

Offenbar hatten sie sich stark und sicher
gefühlt, so offen hatten die jungen Neonazis in Radevormwald agiert.
Sie prügelten Migranten und Linke, schüchterten Bürger ein, die gegen
Rechtsextremismus Stellung bezogen. Ein Hauptschulleiter, der eine
Lehrerkonferenz gegen Rechts organisiert hatte, fand sein Foto auf
einem rund um die eigene Schule plakatierten Fahndungsplakat wieder:
„Wanted!“ Die unmissverständliche Drohung war sogar unterzeichnet –
mit „Freundeskreis Rade“. Nun könnte man – gerade angesichts des noch
verhältnismäßig jungen Durchschnittsalters dieser „Freunde“ – einmal
annehmen, dass es sich bei ihnen einfach um randalierende und aus dem
sozialen Ruder gelaufene Halbstarke handelt, die sich als
Hooligan-Bande stark fühlen und dies ihre Umgebung auch wissen lassen
wollen. Das von der Gruppe propagierte rechte Gedankengut würde bei
einer solchen Überlegung nur am Rande eine Rolle spielen. Es würde
dem Treiben allenfalls als von den Mitgliedern vielleicht als „cool“
empfundenes Band dienen. In diesem Fall könnte man den massiven
Auftritt der Staatsgewalt mit mehr als 100 Beamten durchaus als den
sprichwörtlichen Kanonenschuss auf Spatzen betrachten. Doch solche
Überlegungen sind im vorliegenden Fall nicht nur falsch, sondern
wären in der Konsequenz auch höchst gefährlich. Denn auch wenn die
jungen Rechtsextremen bislang nur lokal agierten, so haben sie doch
in diesem Umfeld Angst und Schrecken verbreitet – und sie hatten
zweifelsohne enge Kontakte zu älteren, eingefleischten
Rechtsextremisten, unter anderem in Wuppertal. Ob es noch weitere
Verbindungen zur rechtsextremen Szene gibt, müssen die Ermittler im
Detail klären. Dafür spricht jedoch, dass der „Freundeskreis Rade“
offenbar bereits mehrfach außerhalb von Radevormwald aufgetreten ist.
Und was sich aus solchen „Freundeskreisen“ und/oder Kameradschaften
entwickeln kann, haben die Geschehnisse in Zwickau und rund um die
rechte Mörder-Truppe NSU leider allzu deutlich gezeigt. Die
Großrazzia war daher richtig und wichtig. Denn wie sagte schon der
römische Dichter Ovid: „Wehre den Anfängen! Zu spät wird die Medizin
bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“

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